Die Askyfou-Hochebene

Fruchtbares Land und geschichtstraechtiger Boden

von Margaretha Rebecca Hecht Hopfner

Wer von Vrises im Nordwesten Kretas aus den Weg ueber die Berge in den Sueden nach Chora Sfakion waehlt, erreicht ungefaehr nach 20 km auf der Passhoehe einen jener Garten Eden in den Bergen, die auch andernorts - zum Beispiel in Lassiti - auf Kreta anzutreffen sind. Die Askyfou-Hochebene, etwa 750 m ueber dem Meeresspiegel gelegen, rund und von allen Seiten mit hohen Bergen (Kastro, Fanari, Choreftres) umgeben, gleicht einem Kelch, und es scheint naheliegend, dass der Namen Askifou von "Skyfos", welches Becher bedeutet, hergeleitet wurde. Diese Hochebene ist durch Erosion entstanden und aeusserst fruchtbar, mithilfe von Bewaesserungsmassnahmen gedeihen hier Kartoffeln, Wein, Obst und Gemuese vorzueglich. Die Bewohner des Dorfes Askyfou mit seinen Weilern, die sich entlang der aeusseren Umfahrung verteilen, widmen sich aber auch der Viehzucht und stellen neben anderen ortstypischen Produkten den vorzueglichen "Myzithra", einen speziellen kretischen Kaese, her.

Wie im Grunde ganz Kreta, ist auch die in der Region Sfakia gelegene Askyfou-Hochebene historischer Boden. Bereits in venezianischer Zeit diente sie zeitweise als Rueckzugsgebiet aufstaendischer Sfakioten. Unter tuerkischer Herrschaft wurde Askyfou mehrfach zerstoert und war wiederholt Durchmarschgebiet tuerkischer Heere. Die Besatzer erbauten auf Huegelruecken zwei Befestigungsanlagen, die Teil einer ganzen Kette solcher Anlagen waren, und deren Ueberreste heute noch zu sehen sind. Allerdings konnten sich die Tuerken trotz ihrer Festungen nicht laenger als einige Jahre hier halten, zu vehement war immer wieder der Widerstand der ansaessigen Bevoelkerung, sodass mehrfach wichtige Schlachten gegen die Besatzer auf der Askyfou-Hochebene geschlagen wurden. Nach der grossen Schlacht um Kreta waehrend des 2. Weltkrieges 1941 fluechteten tausende Soldaten der Alliierten ueber Askyfou in den Sueden und erhofften dort ihre Rettung.

Auch eine spirituelle Besonderheit hat dieser Ort aufzuweisen, denn es befindet sich die den Schutzheiligen der Sfakia, dem Hl. Manolis und dem Hl. Johannis geweihte Kirche hier. Emmanouil fluechtete Ende des 18. Jahrhunderts mit zahlreichen sfakiotischen Frauen und Kindern auf die Insel Chios und wurde dort nach vergeblichen Versuchen, ihn zum Islam zu bekehren, erbarmungslos von den Tuerken zu Tode gebracht. Seither wird er in der griechisch-orthodoxen Kirche als Maertyrer fuer den Glauben verehrt, sein Gedenktag ist der erste Sonntag nach Maria-Himmelfahrt im August.

Einige Kilometer in suedlicher Richtung befindet sich das Dorf Imbros, von dem aus in die wunderschoene Imbros-Schlucht eingestiegen werden kann, deren landschaftliche Schoenheit "von aussen" nicht vermutet wuerde, und die - in historischer Perspektive - in organischem Zusammenhang mit der Askyfou-Hochebene zu sehen ist, denn hier hinein fluechteten und versteckten sich die Menschen, auch hier wurde gekaempft, bahnten sich Menschen ihren Weg in die Freiheit.

Der Tourismus "passiert" dieses Tal vorwiegend, weil die hier durchfuehrende Strasse dann entlang der Imbros-Schlucht die einzige mit dem Auto befahrbare Nord-Sued-Verbindung nach Chora Sfakion am Lybischen Meer darstellt, der Ort Askyfou selbst verfuegt selbstverstaendlich ueber Fremdenzimmer, aber von einer entwickelten touristischen Infrastruktur sollte wohl nicht ausgegangen werden.

Dennoch, gleich als ich dieses Paradies zum ersten Mal sah und mein Blick ueber das fruchtbare Land streifte, hielt ich beim Durchfahren der winzigen Ortsweiler Ausschau danach, ob Zimmer angeboten werden. Vielleicht, dachte ich mir, werde ich auch hier einmal ein paar Tage verweilen ...

Wichtige Hinweise zu diesem Text habe ich folgendem Werk entnommen:
Plymakis, Antonis: Sfakia. Die Schlucht von Imbros und die Doerfer Askyfou, Imbros, Komitades. Chania. o.J.

M.R. Hecht Hopfner, Wien, 2025. Alle Rechte vorbehalten.

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