GORTYS

Die Grosse Rechtsinschrift

und andere Sehenswuerdigkeiten

von Margaretha Rebecca Hecht Hopfner

Im Sueden Mittelkretas inmitten der fruchtbaren Messara-Ebene und an der Hauptstrasse Richtung Heraklion gelegen, treffen wir auf Gortys beziehungsweise Gortyn, wie dieser historische Ort auch bezeichnet wird.

Gortyn war bereits in klassischer Zeit eine bluehende Poleis; ein Zeichen dafuer ist die Tatsache, dass die hier geltenden Rechtsvorschriften in Stein gehauen, an einem óeffentlichen Platz aufgestellt und so den Buergern jederzeit zugaenglich gemacht wurden. Waehrend r oemischer Herrschaft war Gortyn Provinzhauptstadt von Kreta und Cyrenaika, dem heutigen Lybien. In dieser Zeit wurden die Steinquader mit den eingemeisselten Rechtsvorschriften in das Odeion, einer Halle fuer kuenstlerische Darbietungen, integriert und blieben in dieser Gestalt bis zum heutigen Tag erhalten.

Beim Stadtrecht von Gortyn, der Grossen Rechtsinschrift, haben wir es mit dem aeltesten gesatzten Recht auf europaeischem Boden zu tun. Sie wurde zum grossen Vorbild fuer die anderen griechischen Stadtstaaten und beeinflusste in weiterer Folge auch massgeblich die Entwicklung des roemischen Rechts und ueber diesen Weg die Rechtsgestaltung im gesamten abendlaendischen Raum.

Der Rechtstext selbst ist ausschliesslich in Grossbuchstaben und abwechselnd von rechts nach links und von links nach rechts verlaufend (Boustrophedon - "wie der Pflug die Richtung wechselnd") gehalten und umfasst sowohl staats- als auch privatrechtliche Angelegenheiten, insbesondere jene des Erbschafts- und Familienrechts. Die Bezeichnung "Koenigin der griechischen Inschriften" stellt wohl den Versuch dar, der menschheitsgeschichtlichen Bedeutung dieses historischen Dokumentes gerecht zu werden.

Im Jahr 59 n. Chr. kam der Apostel Paulus nach Kreta und liess Titus als Bischof der oertlichen Gemeinde zurueck. In Gortyn befand sich fortan das Zentrum der Christianisierung Kretas. Bereits im 4. Jahrhundert wurde zu Ehren des Hl. Titus hier eine Basilika errichtet, die ihre endgueltige Gestalt, die einer Kreuzkuppelkirche, aber erst im 6. und 7. Jh. n. Chr. erhielt. Reste dieser Basilika, naemlich der Altarbereich, befinden sich heute noch unweit des roemischen Odeions. Kapitelle, Schrankenplatten und liturgische Geraete dieser Kirche werden im Historischen Museum in Heraklion aufbewahrt.

Ebenfalls im bewachten Teil der Anlage (Odeion, Titusbasilika) - hier muss auch Eintritt bezahlt werden - kann ein kleines Freilichtmuseum besichtigt werden, das sowohl die Sitzstatue des roemischen Kaisers Antonius Pius (Regierungszeit 138 - 161 n. Chr.) als auch herausragend schoene Marmorstatuen zeigt. In suedlicher Richtung befinden sich auf der anderen Strassenseite Reste von Tempeln (Isis, Serapis, Apollo), eines Theaters, von Thermen, Nymphaeen, Aquaedukten, einem Zirkus und eines grossen Prsetoriums, der Palastanlage des roemischen Provinzgouverneurs.

Und auf noch eine Einzigartigkeit dieses Ortes muss eigens hingewiesen werden: Hier steht jene immergruene Platane, unter welcher nach dem Mythos Zeus mit Europa den Minos gezeugt haben soll.

Folgenden Werken habe ich wichtige Hinweise zu diesem Text entnommen:
Schneider, Andreas: Kreta. Dumont. 1998.
Lambert Schneider. Kreta. Dumont Kunstreisefuehrer.
Brinke, Margit und Peter K.raenzle: Kreta. Reise Know-How.Bielfeld. 2000.
Vassilakis, Antonis: Kreta. Athen.o.J.

M.R. Hecht Hopfner. Wien. 2025. Alle Rechte vorbehalten.<

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