Zur Geschichte meiner Adoption

 

                                   

                                                                             Meine Eltern mit mir 

     Anfang Maerz 1957 nahmen mich meine Eltern, das heisst, meine spaeteren Adoptiveltern, Margaretha und Konrad Hopfner aus Reuthe im Bregenzerwald in Vorarlberg, im Alter von acht  Monaten zu sich in Pflege. Der damalige Pfarrer von Bezau, Geistlicher Rat Josef Manser, machte meine Eltern darauf aufmerksam, dass im Stadtspital Bregenz ein Kind ohne Krankenversicherung und in sehr schlechter gesundheitlicher Verfassung sei, das niemanden habe. Meine Mama holte mich damals direkt vom Spital zu sich nach Hause, gab mich dem Leben zurueck -  im Jahr 1959 erfolgte dann die Adoption -  und schenkte mir bis zu ihrem fruehen Tod am 27. Jaenner 1965 die wohl gluecklichsten acht Jahre meines Lebens. Sie liess mich als ebenbuertiges Mitglied in ihre Familie und in ihre Welt, den schoenen Bregenzerwald mit seiner jahrhundertealten Geschichte, hineinwachsen.             

 

Sie gab mir ihren Namen Margaretha, und ich durfte als ihre Tochter eine Bregenzerwaelderin werden. Sie selbst galt ja in ihrer Jugend als Schoenheit in der ganzen Region und pflegte mit Innigkeit und einem umfassenden Wissen die Kultur des Bregenzerwaldes und seiner einzigartigen Tracht. 

                                            Meine Erstkommunion                                                                                           Mama in weisser Tracht       

Mama ist mir bis zum heutigen Tag Inbegriff weiblicher Schoenheit geblieben und die Bregenzerwaeldertracht zaehlt fuer mich zum Wertvollsten, was Europas Regionalkulturen hervorgebracht haben.

                                                                                                                                            

     Mein Vater Konrad Hopfner war bis zu seinem Tod jahrzehntelang Volksschuldirektor, und von 1945 bis 1965 lenkte er die Geschicke der Gemeinde Reuthe als ihr Buergermeister. Fuer deren Menschen war er stets unermuedlich, selbstlos und grossmuetig taetig. Er war ein tief religioeser Mensch und ein Mann der Tradition, der sich dem Geiste des Hauses Habsburg nahe fuehlte. Dass er gemeinsam mit seiner Frau, meiner Mama, mich, die ich bekanntermassen das Kind eines vormals in Deutschland stationierten amerikanischen Besatzungssoldaten war, als "US-Besatzungskind" das lebendige Deponat eines Angehoerigen einer damals hierzulande noch bei vielen verhassten Okkupationsmacht, in seine Familie und als seine Tochter aufnahm, spricht fuer die hohe Qualitaet seiner moralisch-ethischen sowie seiner politischen Gesinnung. Dass er die nationalsozialistische Ideologie stets verabscheut hatte, teilte er mir noch selber im Rahmen intensiver Gespraeche kurz vor seinem ueberraschenden Tod mit. Und wie ich es heute - auch als Historikerin - sehe, war dies wohl eine nicht unwesentliche Voraussetzung fuer seine psychische und intellektuelle Befaehigung, mir seinen Namen zu geben und Vater fuer mich zu werden.  

Aus seinem innersten Wesen heraus war er Paedagoge, und so war es ihm auch ein Herzensanliegen, mir eine gruendliche Ausbildung als Ruestzeug fuer das Leben mitzugeben. Hier will ich nicht unerwaehnt lassen, dass ich waehrend meiner gesamten Volksschulzeit vier Jahre lang seine Schuelerin war. Meinen Ausbildungswuenschen begegnete er in der Folge immer offen und unterstuetzend. Dies zu einer Zeit, als es in der dortigen Region noch keine Selbstverstaendlichkeit war, ein Maedchen ohne weiteres ins Gymnasium zu schicken; so manche ablehnende Stimme hat er hierbei gezielt ueberhoert. Ich danke meinem Vater so Vieles, was mir auf meinem spaeteren Lebensweg hilfreich geworden ist, habe ich Menschen kennengelernt, die mir ein Leben lang zur Seite gestanden sind, wuerde ich ohne sein Wohlwollen nicht dort stehen, wo ich mich heute befinde.  

      

Zweimal gefunden     

     Nach dem Tod meines Vaters im Jahr 1975 wurde ich im Abstand von ungefaehr zehn Jahren sowohl von leiblichen Verwandten muetterlicherseits als auch meinem leiblichen Vater, er ist US-Amerikaner, gefunden und kontaktiert. Es stellte sich heraus, dass ich in den USA Tausende Blutsverwandte habe,  dennoch sollten noch Jahrzehnte vergehen, bis zu einigen Verwandten ein kontinuierlicher Kontakt entstand. 

     Im Sommer 2002, uebermittelte mir mein Onkel Roger L. Danielson, ein Bruder meines leiblichen Vaters, Familienstammbaeume, deren Linien zurueck nach ganz Europa verweisen, so nach Schweden, England, Frankreich, Deutschland, Schweiz, Spanien, Polen, Ungarn und so fort. Spaetestens jetzt fing ich an zu erkennen, dass ich von den Gruendungs"vaetern und -muettern" der heutigen Vereinigten Staaten von Amerika abstamme. Die fuer mich wohl merkwuerdigste Entdeckung in diesem Zusammenhang ist, dass sich anscheinend Anne Marbury Hutchinson, eine beruehmte von England kommende amerikanische Pionierin aus dem 17. Jahrhundert, unter meinen Vorfahren befindet. Sam Behling, selber eine Nachkommin dieser beeindruckenden Frau, hat ihr eine Webseite gewidmet, auf die ich mir hier erlaube zu verweisen und die auch die nicht weniger erstaunliche Ahnentafel von Anne Marbury Hutchinson enthaelt, welche unter ihren Vorfahren gar King Edward III. of England (1312 - 1377) anfuehrt. 

       Auf einer anderen Webseite entdeckte ich ein Portraet, bei dem - so jedenfalls mein Eindruck - sogar eine gewisse aeussere Aehnlichkeit zwischen Anne Marbury Hutchinson und meiner im Vergleich zu ihr bescheidenen Wenigkeit zu erkennen ist. Allerdings sagen mir mein kritischer Verstand als Historikerin und auch mein diesbezuegliches vor allem aus meiner Adoptionsgeschichte resultierendes Misstrauen, dass stets Vorsicht im Umgang mit Informationen jedweder Art geboten ist. Diese Abstammungslinie laesst sich zudem bislang lediglich mit hoher Wahrscheinlichkeit verifizieren.  

      

      Nichtsdestoweniger habe ich ueber das Internet weitere Abstammungslinien gefunden, ausgehend von Sarah "Sallie" Crandall (18./19.Jh.), geboren in Stonington, USA, die erwiesenermassen eine Vorfahrin von mir ist: Richard M. Danielson und Maria M. Schwentner sind meine leiblichen Eltern; Richard M. Danielson ist der Sohn von Manvel Danielson und Gladys Imogene, geb. Traver; Gladys Imogene Traver ist die Tochter von Leo Arthur Traver und Rose, geb. Bietler; Leo Arthur Traver ist der Sohn von Maurice Robert Traver und Caroline Amanda, geb. Smith; Maurice Robert Traver ist der Sohn von Robert Traver und Eliza Ann, geb. Jerome; Eliza Ann Jerome ist die Tochter von Azahil Jerome, und Lavina, geb. Sabin, Lavina Sabin ist die Tochter von Elisha Sabin und Sarah "Sallie", geb. Crandall. Von ihr fuehrt die Linie zum Stammvater der Crandall-Familie John Crandall, the Elder, und seiner Mutter Elizabeth Drake in Newport, Rhode Island, von letzterer zu Sir Thomas Greenville (15. Jh.) in England, der seinerseits ein Nachfahre von Eleanor (de Beaumont) von Lancaster (14. Jh.) sein duerfte, welche ihrerseits anscheinend wiederum von King Henry III. of England (1207 -1272) abstammen soll. Ein weiterer Hinweis auf die "royal lineage" von Elder John Crandall findet sich auf der Stillman Family Genealogy Home Page, die bereits King Edward I. of England (1239 - 1307), den Sohn von Henry III., unter den Vorfahren anfuehrt. Die Linie von John Crandall zu Edward I. kann auch auf der Datenbank von www.familysearch.org nachvollzogen werden. Allerdings meldet eine Genealogin der Crandall Family Association an dieser genealogischen Konstruktion erhebliche und wohl durchaus begruendete Zweifel an. Schliesslich findet sich in www.rootsweb.com selbst eine "alternative" genealogische Darstellung, in welcher schlicht andere Eltern von Elder John Crandall angefuehrt sind.

     Last but not least hat mir - ein wenig "wie zum Trotz" - immerhin RootsWeb.com anschaulich klar gemacht, dass auch ich - man lese und staune :-))) - in direkter Linie von Adam und Eva abstamme, und zwar neben anderen ueber die folgenden Vorfahren (wenn sie es denn wirklich alle sind :-))))):
meiner Grossmutter Gladys Imogene Traver, Zerubabble Jerome, Abigail Greene, Richard Boys, Bryan Boys, Ernald IV de Boys, Maud de Braos, King Robert II "The Pious" France (972-1031), Charlemagne Holy Roman Empire (743-814) ... usw. ...
Von Ernald IV de Boys fuehrt eine Linie ueber seine Mutter Joan De Beauchamp, seine Grossmutter Eva De Grey zu Ingelric of England, dem Sohn von Aethelread "The Unready" King of England (968-1016), und von diesem zu Alfred "The Great" West Saxon King of England (849-899) ...
Aber auch ausgehend von Eliza Ann Jerome, der Urgrossmutter von Gladys Imogene Traver, laesst sich bei www.familiysearch.org eine Linie zu royalen Vorfahren zurueckverfolgen, und zwar unter anderem ueber diese Ahnenreihe: Asahel Jerome, Henry Cooke, Cooke, John Fitz William, Henry De Greene, Helen (Ellen) De Quincy, Roland Of Galloway, King Henry I. of England (1068-1135) ... Von Eliza Ann Jerome fuehrt ueber Dinah Dunbar, Edward Fenn, Sylvester Baldwin, Agnes Dormer, Bartholomew Collingridge auch eine Linie zu Henry III. (1206-1272), King of England. Von Edward Fenn wiederum gelangen wir ueber Thomas Welles zu Edward IV (1442-1483) King of England, und von letzterem zu Edward III. (1312-1377) King of England. Um diese Linien aufzuzeigen, muessen die Datenbanken von www.familysearch.org und www.rootsweb.com verknuepft werden.
Wiederum ausgehend von Eliza Ann Jerome ueber Azahel Jerome (1745), dessen Mutter Phebe Cook, Henry Cook (1652), Henry Cook (1615), Anne Fitzwilliam, Eleanore De Greene, Lucy La Zouche, Eve Marshall faehrt diese Abstammungslinie zu Dermot King of Leinster, Irland (1110-1171).

      Bei Kombination der Datenbanken von www.familysearch.org und www.rootsweb.com koennen auch ein Abstammungslinien von meiner Ururgrossmutter Caroline Amanda Smith zu Kaisern und Koenigen zurueckverfolgt werden; und zwar ueber die folgenden Vorfahren: Thankful Hutchinson, John Root, Margaret Saint John, Eleonore Hoo, Joan Lancaster, von ihr neben anderen sowohl zu King Henry III. of England wie auch zu Kaiser Isaak II. von Byzanz (*1155 - +1204) (...), weiter ueber Maria von Byzanz gelangen wir u.a. zu Kaiser Konstantin ... von Byzanz (*910 - +988) ... Ebenfalls ausgehend von Margaret Saint John kann neben anderen Vorfahren ueber Henry Scrope Bolton und Gilbert Clare Gloucester wiederum Edward I. King of England (1239 - 1307) als koeniglicher Vorfahre aufgefunden werden.
Ueber Caroline Amanda Smiths Urgrossmutter Anna Root (*abt.1757/58) gelangen wir ebenfalls zu John Root (*abt.1608)und seiner Ehefrau Mary Kilbourne (*1619), unter dessen weiteren VorfahrInnen befinden sich unter zahlreichen anderen Margaret Carew (*1500) und John of Gaunt (*1340) , welcher seinerseits ein Sohn von Edward III. (1312-1377) King of England ist, zu dessen Nachfahrinnen ebenfalls die oben bereits erwaehnte Margaret St.John (*abt.1533) zaehlt.

Aber wer weiss schon, ob dies alles einer historisch wissenschaftlichen Ueberpruefung standhielte. Und gerade deshalb - und natuerlich auch auf dem Hintergrund einer zunaechst herkunftsausloeschenden Adoption - machen mir diese genealogischen "Uebungen" richtigen Spass.

     Da ich allerdings genauso stolz bin auf meine "normal"-geborenen bzw. vielleicht gar un- oder ausserehelich geborenen Vorfahren - schliesslich traegt jeder einzelne Mensch, unabhaengig davon, unter welchen Umstaenden er gezeugt und geboren wurde, den hoechsten Adel, naemlich die Wuerde der "Ebenbildlichkeit" mit dem Ewigen, in sich -, unter jenen vielen, vielen rasch vom Dunkel der Geschichte ins kollektive Vergessen abgesaugten Menschen, die nichtsdestoweniger die Menschheit durch alle Wirren von einem Jahrhundert ins andere getragen haben mit ihrem unerschuetterlichen Willen zum Leben, fuehre ich nun einige der mir bekannt gewordene Namen meiner Vorfahrinnen in rein muetterlicher Linie an, gebe ihnen somit ganz bewusst einen Platz in meinem Erinnerungsgefuege und will sie auf diese Weise ehren: Maria Magdalena Schwentner (*1936), Anna Maria Schwentner, geb. Scheidbach (* um 1911), Franziska Scheidbach, geb. Buechel (* um 1872), Anna Maria Buechel, geb. Huber (* um 1837 in Wuerttemberg) - von hier lassen sich u.a. die VorfahrInnen vaeterlicherseits zurueckverfolgen in die Schweiz bis in die Mitte des 15.Jh.s - , Christina Huber, geb. Jung (* um 1800 in Wuerttemberg) , Maria Barbara Jung, geb. Weik (* um 1759 in Wuerttemberg), Anna Maria Weik, geb. Hehr/Herr (* um 1731 in Wuerttemberg), Christina Hehr/Herr, geb. Schautz (* um 1702) und deren Mutter Anna Maria, Gattin des Peter Schautz aus Ebershardt in Wuerttemberg. Mit Ausnahme der schweizerischen habe ich saemtliche - auch die wuerttembergischen - Daten durch Nachschau in den entsprechenden Quellen verifiziert.

     Und so faengt es allmaehlich sogar fuer eine aus dem schwarzen Loch aufgetauchte Adoptierte an, einigermassen vergnueglich zu werden, sich sogar noch - gepolstert mit einer guten Portion Humor und Selbstironie - mit Genealogie zu befassen ... Wer haette daran jemals gedacht ... Wie dem auch sei: Eine nette Spielerei und ein amuesanter Zeitvertreib ist es allemal ... :-))))

M.R. Hecht Hopfner. Wien. 2002-2023. Alle Rechte vorbehalten.

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